Liebe Pilger lieber Otto Klär.
Ich hatte die Ehre Dich auf dem letzten Abschnitt der Reise kennen lernen und begleiten zu dürfen. Ich habe Dir einen Eintrag versprochen... erinnerst Du Dich?
Nun... ich pflege meine Versprechen zu halten... was lange währt wird endlich gut.
Zufallsbegegnung
Ein Anhalter am Straßenrand.
Soll ich anhalten oder weiterfahren wie immer?
Das wohlige Gefühl des neuen wunderschönen morgens
lässt meinen Fuß wie von allein auf die Bremse steigen.
Der Mann mittleren Alters macht einen äußerst gepflegten Eindruck.
Er hat Walking-Stöcke und einen Trekkingrucksack bei sich.
Nicht die Optik der sonst üblichen Tramper.
Ich bin schon an ihm vorbei also setze ich zurück
Er ist beidhändig beladen und ich öffne ihm die Tür.
Ein freundliches ?Guten Morgen? schallt mir entgegen.
?Nett dass du angehalten hast. Dankeschön?
Keine Frage nach dem Ziel meiner Fahrt.
?Darf ich einsteigen? Nimmst mich ein Stück weit mit??
Ich lasse ihn sein Gepäck auf dem Rücksitz verstauen und bitte ihn herein.
?Ich fahre nach Wilhering.? sage ich. ?Ich hoffe dass hilft dir weiter.?
?Maah Wilhering!? sagt er ?da hab ich vor 7 Monaten im Stift genächtigt
am ersten Abend meiner Reise.?
Mein Interesse ist geweckt und ich frage ihn
welche Reise wohl 7 Monate andauern mag.
Ein Weltenbummler will mir scheinen.
Und er fängt zu erzählen an.
?Ja weißt du am 24. Juni bin ich zu Fuß aufgebrochen von Daheim
zwei Freunde an meiner Seite
und am 24. Dezember waren wir in der Geburtskirche... in Bethlehem.?
Sprachlos und verdutzt seh ich zu ihm hinüber.
?Viereinhalbtausend Kilometer zu Fuß gepilgert nach Wien zurück geflogen
dann Auto-Stop nach Linz.
Jetzt noch nach Niederanna und die letzten Kilometer zu Fuß
dass ich zur Messe daheim in der Kirche bin.
So wie ich aufgebrochen bin so kehre ich zurück.?
Die freundliche offene Art des Pilgers gefällt mir
meine Neugier auf seine Reiseerlebnisse ist sofort geweckt.
?Ich heiße Otto? sagt er ?verrätst du mir deinen Namen??
Entgegen aller Gewohnheit stelle ich mich mit meinem bürgerlichen Namen vor.
Ich ergreife die mir entgegen gestreckte Hand.
Zu kurz ist die Fahrt nach Wilhering um meinen Wissensdurst zu stillen.
Innerlich hab ich längst beschlossen ihn die 50 Kilometer nach Niederanna zu fahren
als er mich fragt:? Hast du Zeit? Würdest du mich wohl nach Niederanna fahren?
Ich zahl dir natürlich was für deine Mühe.?
Ich sage zu und ich spüre aufrichtige Freude die mir entgegen schwallt.
?Da du angehalten hast und ich nicht länger auf eine Mitfahrgelegenheit warten muss
haben wir noch etwas Zeit. Komm wir kehren an der Tankstelle in Wilhering auf einen Cafè ein.
Da bin ich öfter und es hat etwas von Vertrautheit für mich.?
Gern sag ich zu und steure die Tankstelle an.
Wir setzen uns in dem kleinen Gastraum an den einzigen Tisch
und er beginnt zu erzählen.
Dass er vor 7 Jahren bereits den Jakobsweg gepilgert sei
aber dass Spanien und der nahe Osten auf keinen Fall vergleichbar seien.
Er übergibt mir eine in der Weihnachtsmesse gesegnete Karte mit einem Bild Jesu.
?Das wird dich schützen auf all deinen Wegen.?sagt er mit tiefster Überzeugung.
Dann setzen wir unsere Fahrt auch schon fort.
Er erzählt und ich höre gespannt zu.
Die Route beschreibt er mir und erzählt von den Unterschieden bei der Gastfreundschaft
in den verschiedenen Ländern.
?Die einzigen die nicht ganz so freundlich waren sind die Griechen! sagt er.
?Ab der Türkei sind wir überall aufgenommen worden wie alte Freunde
?Jede Nacht eine Unterkunft obwohl wir im Vorfeld nichts reserviert hatten.?
Von Syrien und Jordanien berichtet er von Wüste Sand und Hitze.
Von dem mulmigen Gefühl vor der Einreise nach Palästina
welches sich als völlig unnötig erwies.
Immer wieder betont er wie sehr er sich trotz aller Schönheit der Pilgerreise freut
auf heimisches Brot Hausmannskost und seine Freunde und seine Schwester.
?Den Weg hier fahr ich sonst jeden Tag.? sagt er. ?Ich arbeite in Linz.
Meine Frage nach seinem Beruf beantwortet er lächelnd.
?Ich bin Polizist in Linz.?
Mit allem hätte ich gerechnet aber mit dieser Antwort nicht.
Mein verdutztes Gesicht scheint ihn zu amüsieren.
Fasziniert lausche ich seinem Bericht bis er mir von ihrer Homepage erzählt hat
?Wir haben wunderbare Fotos eingestellt und ein Gästebuch haben wir auch.
Vielleicht findest du ja mal die Muße und schaust mal Vorbei
denn du bist ein wichtiger Teil meiner Reise. Ich würde mich riesig freuen.?
Ich fühle mich zum ersten Mal seit Jahren zutiefst geehrt
Nie zuvor hat mich ein Mensch so beeindruckt wie dieser Pilger.
Nie zuvor ist mir ein Mensch begegnet der so fest und tief in sich selbst ruht.
Die Kraft und Energie die spürbar wurde und gleichzeitig die Ruhe die sich in mir breit machte
ein unbeschreibliches Wohlgefühl.
Mögen Gott und die Engel diesen Mann schützen und geleiten wohin er auch geht.
Seit heute weiß ich dass es möglich ist
dass eine kurze Begegnung das komplette Denken
und auch das ganze Leben eines Menschen verändern kann.
Mir wurde einen Moment lang die tiefe Zufriedenheit dieses Menschen offenbar
in sich Eins mit Gott und sich selbst.
Ich bin unendlich dankbar für diese Zufallsbegegnung.
Arm der Mensch dem diese Erfahrung sein Leben lang versagt bleibt!!!
by Balu
Seid ganz lieb gegrüßt von Jürgen(Balu)